Samstag, 29. März 2008

Geisterstadt...

Am Freitag war ich mit „Breaking The Silence“ einer Menschenrechtsgruppe aus Israel in Hebron. Die Stadt liegt im biblischen Judäa, also im Süden der Westbank. In Hebron leben 130.000 Palästinenser und mitten im Stadtkern mehrere hundert israelische Siedler. Im Gegensatz zu anderen Siedlungen leben hier jüdische Familien im Herzen der Stadt, sie berufen sich darauf das Hebron vor dem Massaker 1929 jüdisch war und freuen sich über jeden arabischen Einwohner den sie aus der Nachbarschaft treiben konnten.


Rechtfertigungsversuche von den israelischen Siedlern

Die Soldaten nehmen hier eine ganz bizarre Rolle ein, sie müssen die Siedler schützen - und niemanden Anderes. Natürlich wissen das die Siedler und vor allem auch ihre Kinder. Es kommt ständig zu Übergriffen und brutalen Auseinandersetzungen. Wenn zum Beispiel die palästinensischen Kinder aus der Schule kommen werden sie von den jüdischen Jungs mit Steinen beworfen, die Mädchen treten und kratzen. Die Eltern wissen genau, dass ihre Kinder nicht dafür belangt werden können. Die israelischen Soldaten die die Ausgangssperre für die palästinischen Bewohner durchsetzen, stehen daneben und dürfen nicht aktiv gegen die Siedler vorgehen. Hier gibt es kein geltendes Recht, in Hebron ist Recht was der Kommandeur der israelischen Truppen befiehlt. Ein Soldat am Checkpoint sagt uns er dürfe auf jeden Palästinenser schießen der hier durch will.


Checkpoint vor israelischer Siedlung in Hebron

Weil das natürlich für jedes friedliche Miteinander gift ist, hat das Militär alle Bereiche in denen Siedler unterwegs sind für Palästinenser sperren lassen. So funktioniert aktive Landnahme auch in anderen Siedlungen. Hier in Hebron bedeutet es das ein ganzes Stadtzentrum für die Bewohner gesperrt ist, der Markt, die Wohnungen alles ist verlassen damit eine Handvoll Siedler dort leben können.


hier darf sich kein Palästinenser bewegen


israelische Soldaten im geschlossenen Markt


"So sehen radikale Siedler aus!"


Weil die Siedler natürlich schon wissen, dass schlechte Publicity in Israel auch die Räumung bedeuten kann, nehmen sie auch solche Gruppen wie uns ins Visier. Aus diesem Grund werden wir von Polizei und Militär geschützt. Es ist auch ständig jemand mit einer Videokamera dabei. Nachdem wir durch die ausgestorbene Innenstadt gelaufen sind treffen wir eine palästinensische Familie die unterhalb eines besetzten Hauses lebt. Der Vater berichtet von der Situation und zeigt uns Videos wie die Siedler zum Beispiel in die arabische Schule eindringen und alles verwüsten.


Der schlimmste Moment war als er von seinem jetzt 13 jährigen Neffen erzählt hat. Eine der Siedlerinnen hat ihm im März 2005 einen Stein in den Mund gepresst und dann mit voller Kraft zu gedrückt bis die Zähne raus gebrochen sind. Alle diese Taten sind von verschiedenen NGOs dokumentiert, es liegen Zeugenberichte und ärztliche Atteste vor.


Was das alles für mich bedeutet? Es macht alles mal wieder nicht einfacher. Wut, Hass und Abscheu macht sich auf dem Rückweg in mir breit. Das Einzige was mir an diesem Tag an positivem bleibt, ist das Wissen um die Leute die diese Tour nach Hebron organisieren. Es sind ehemalige israelische Soldaten die in Hebron gedient haben, sie haben Dinge erlebt die für mich kaum begreifbar sind. Sie mussten wegschauen wenn die Siedler Ausschreitung provozierten. Jetzt bringen sie Israelis und internationale Besucher wie mich hier her, damit wir sehen was hier im Namen Israels passiert. Aber eben ein Israel in dem sie auch Leben. Ein Israel wo die Mehrheit gegen die Siedlung in Hebron ist, traurig das gerade hier die Demokratie nicht funktioniert. Da bleibt nur die Erkenntnis, dass sich mir kaum Fragen beantworten sondern nur neue Stellen.


Ich konnte nicht überall Fotos machen, es gibt aber Videos von den Übergriffen. Außerdem findet ihr bei B'Tselem einen ausführlichen Bericht.


Überblick über die Situation in Hebron

(www.youtube.com)

Die Siedlerin die dem Jungen die Zähne zerhauen hat

(www.youtube.com)


Mit ihm haben wir gesprochen
(www.youtube.com)

Der Mann der hier bedroht wird,

hat auch unsere Gruppe geleitet

(www.youtube.com)

Bericht über "Breaking The Silence"

(www.spiegel.de)


Euer André

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Andre`,
habe Dein letzten Bericht mit Interesse gelesen,die anderen Info-quellen zeigen mir einmal mehr
meine Informationsdefizite.
Gruß aus Doki

Anonym hat gesagt…

hallo André!

Schau mal heute in Dein E-Mai Postfach. Habe was schönes geschickt. Einen schönen Tag noch!

Nadine

Anonym hat gesagt…

Hi,
alles alles Gute zum Geburtstag, viel Glück und Gesundheit.
Viel Spaß noch.
Lg Seppl und Claudi!